Sonntag, 3. Oktober 2010

Denkfehler: post hoc ergo propter hoc (danach, also deswegen)

Schon als Kind las ich in einem Donald Duck-Comic, Erika Fuchs sei Dank, etwa folgenden Satz: „Eine unbehandelte Grippe dauert 14 Tage, behandelt kann sie schon in zwei Wochen auskuriert werden.“
Stellen wir uns vor, vier Menschen haben eine stinknormale Allerweltserkältung.
Einer tut nichts dagegen, bald ist er wieder gesund.
Einer legt sich ins Bett, trinkt heiße Zitrone, inhaliert. Bald ist er wieder gesund.
Einer nimmt ein homöopathisches Präparat und benutzt Heilsteine. Bald ist er wieder gesund.
Einer opfert Cthulhu eine Jungfrau, Bald ist er wieder gesund.
Was werden sich die vier danach wohl denken? Der erste, er wurde gesund, obwohl er nichts tat. Die drei anderen: Sie wurden gesund durch das, was sie taten. Doch dieser Schluss ist nicht gerechtfertigt. Zwar ist es möglich, dass ihr Verhalten zu ihrer Genesung beitrug, aber noch lange nicht belegt und schon gar nicht bewiesen. Oder denkt derjenige, der homöopathische Präparate nahm, etwa, dass Cthulhu bei Erkältungen hilft? Wohl eher nicht, dabei hätte er dazu exakt den gleichen Grund, wie er ihm für seinen Glauben an die Macht der Homöopathie zur Verfügung steht. So gesehen dürfte er dann auch nicht an die Homöopathie glauben.
Eine Wirkung, die nach einer möglichen Ursache auftritt, ist noch lange nicht eine Wirkung dieser Ursache. Um das zu überprüfen ist es vielmehr wichtig zu sehen, ob die Wirkung ausbleibt, wenn man die vermutete Ursache eliminiert. Falls ja, so muss es eine andere Ursache geben.
Aber selbst das reicht keineswegs immer; ich denke da an so schöne Statistiken wie diejenige, dass Kinder mit größeren Füßen besser rechnen können. Es stimmt, betrachtet man Kinder, die kleinere Füße haben, so rechnen sie im Schnitt wirklich nicht so gut. Größere Füße und höhere Rechenfähigkeit sind bei Kindern eindeutig verknüpft. Aber können Kinder besser rechnen, weil sie größere Füße haben? Da könnte man ebenso vermuten, dass die Rechenfähigkeit die Füße wachsen lässt. Beides klingt wenig glaubwürdig. Niemand würde mir eine der beiden Hypothesen abnehmen, weil er nicht sähe, wie eine solche Wirkung zustande kommen sollte.
Um einen Bezug zwischen Ursache und Wirkung herzustellen benötigt man idealerweise auch einen Mechanismus, der ihn erklärt. Viele Beispiele, dass ein Effekt eintritt, besagen nichts. Zusätzlich der Beleg, dass der Effekt ohne die angenommene Bedingung nicht eintritt, das ist schon viel besser. Aber oft bleibt offen, was von beiden Ursache bzw. Wirkung ist, oder auch ob beides Auswirkungen einer gemeinsamen Ursache sind. So wie das Alter von Kindern sich sowohl in ihrer Schuhgröße als auch in ihren mathematischen Fähigkeiten bemerkbar macht.
Kommen wir noch mal auf unsren erkälteten Homöopathiegläubigen zurück, einfach weil Homöopathie so weit verbreitet, so anerkannt bei vielen medizinischen Laien und so besonders idiotisch ist. Dieser Mensch sieht seine Heilung als Folge der Einnahme eines homöopathischen Präparates; und er weiß, dass Tausende und Abertausende Menschen dies ähnlich erlebten und interpretierten. Wie gesagt, das belegt noch gar nichts. Er fragt sich nicht: „Woher weiß ich, was passiert wäre, hätte ich die Behandlung unterlassen?“
Immer, wenn diese Frage ernsthaft untersucht wurde, zeigte es sich, dass Homöopathie keinen Einfluss auf Krankheitsverläufe hat. Da Homöopathen und ihre Kundschaft aber an eine Wirkung glauben wollen, versuchen sie, einen Mechanismus als Beleg anzuführen. Das heißt, sie versuchen zu erklären, wie etwas geschieht, ohne zeigen zu können, dass es geschieht. Als ob man sich mit der Frage auseinandersetzt, wie es der Osterhase fertig bringt, ohne Daumen all die Eier anzumalen; und dann, wenn man eine Erklärung gefunden hat, zu glauben, sie beweise die Existenz des Osterhasen.

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