Mittwoch, 6. Oktober 2010

Bruno Gröning: Noch etwas zu "post hoc ergo propter hoc"

Wie als Antwort auf meinen letzten Artikel flatterte mir ein Prospekt ins Haus, „Hilfe und Heilung auf geistigem Weg durch die Lehre Bruno Grönings“. Wieder so ein Wunderheiler!
Normalerweise lese ich mir solche Sachen durch, bis zu der ersten Stelle, an der es blödsinnig wird. Das geschah gleich unter der Überschrift: „-medizinisch beweisbar-“. Klingt harmlos, aber...wenn etwas medizinisch beweisbar wäre, könnte man das nicht nur dann wissen, wenn es  medizinisch bewiesen wäre, und sollte man dann nicht lieber das hinschreiben? Und, technisch gesehen, die Medizin ist eine Naturwissenschaft. Naturwissenschaften beschäftigen sich nicht mit Beweisen, das ist das Gebiet der Logik und der Mathematik. Die Naturwissenschaften sorgen für Belege. Großer Unterschied! Belege erhöhen nur die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit einer Aussage, schaffen aber nie hundertprozentige Sicherheit. Davon lebt die Naturwissenschaft, dass bessere, genauere Belege die bisherigen Ansichten korrigieren. Vieles kann man sich zu 99,9999999999% sicher sein, aber da muss schon ein Mathematiker mit einem Beweis kommen, um auf 100% zu kommen. (Ich empfehle jedem, sich mal Euklids Beweis dafür, dass es unendlich viele Primzahlen gibt, anzusehen. Abgesehen vom Anblick eines geliebten Menschen kann ich mir nicht viel Schöneres vorstellen.)
Folglich kommen auch keine Beweise in diesem Heftchen. Aber „Eine Vielzahl ärztlich dokumentierter Erfolgsberichte belegt die aktuelle Wirksamkeit seiner Lehre.“ Es werden „Erfolgsberichte auf der Basis von wissenschaftlichen Untersuchungsbefunden (...) dokumentiert“. Ja und? Ich picke mir die Rosinen aus dem Kuchen und behaupte, der Kuchen besteht nur aus Rosinen.
Alles, aber auch alles scheint mit einer Wirkung verknüpfbar zu sein, wenn ich nur die Fälle betrachte, in der das fragliche Element und die besagte Wirkung auftritt. Was zählt ist, ob und wie viele Fälle es gibt, in denen bei gleicher Voraussetzung die Wirkung nicht eintrat, beziehungsweise die Wirkung ohne die Voraussetzung eintrat. „auf der Basis von wissenschaftlichen Untersuchungsbefunden“ heißt auch noch lange nicht das gleiche wie „wissenschaftlich“. Jedenfalls scheint mir diese Broschüre ein sehr schönes Beispiel dafür, wie man immer und immer wieder versucht, vorzutäuschen, man könnte etwas wissenschaftlich belegen, indem man mit einem Zerrbild von Wissenschaft arbeitet, auf das viele abfahren, weil sie keine Vorstellung haben, was „Wissenschaft“ wirklich bedeutet.

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