Samstag, 11. September 2010

Besuch der beiden Damen

Ach ja, die Zeugen Jehovahs...
War langweiliger, als ich dachte, sie zu Besuch zu haben. Fangen wir doch mal mit dem Positiven an: Die beiden  Frauen, die vor meiner Tür auftauchten, waren höflich, zuvorkommend, nicht humorlos und weit weniger aufdringlich, als man klischeemäßig erwarten würde.
Auf der negativen Seite erfüllte sich aber jede Erwartung. Zum einen scheinen die sehr darauf zu achten, daß man möglichst nicht mitbekommt, wer sie sind. Ich musste sie darauf ansprechen, daß ich im Impressum einer Broschüre, die sie mir überreichten, erkennen konnte, daß es sich bei ihnen um Zeugen Jehovahs handelt, an ihren Aussagen bis zu diesem Punkt war das nicht zu erkennen.
Im großen und ganzen ging es zivilisiert zu, was schade war. Etwas mehr offener Konflikt wäre weit ehrlicher gewesen. Auf meine Fragen gab es selten Antworten, zumindest wenn es an das Grundsätzliche ging. Und das war in diesem Fall: Wenn Teile der Bibel wörtlich ausgelegt werden, andere Teile als Metapher, nach welchem übergeordnetem Kriterium wird im Einzelfall entschieden, welche dieser beiden Vorgehensweisen gerade angemessen ist? Auf diesen Punkt, der meiner Ansicht nach eine der großen Schwachstellen jeder Religion ist, die auf irgendeiner schriftlichen Überlieferung basiert, bekam ich nie eine Antwort. Stattdessen wurden Bibelzitate hervorgekramt, was natürlich jede versuchte Antwort zu einem Zirkelschluß machte.
Was mich allerdings wirklich verwunderte, und was wahrscheinlich davon zeugt, daß diese beiden einen sehr engen Horizont hatten, war: obwohl ich bereits am Anfang des Gesprächs offen sagte, daß ich ein Atheist bin, und mich aber zum Zweck dieses Gesprächs auf die Hypothese, daß Gott existiert einlassen will, waren sie am Ende ihres Besuchs völlig erstaunt, daß ich an  die Evolution glaube! Ich kann mir das wirklich nur so erklären, daß sie sich mit dem Thema Evolution noch nie auch nur ansatzweise auseinandergesetzt hatten. Das Thema ließen ihre Gedanken gar nicht zu. Evolution schien einfach in ihrem Denken mit dem Wort "Falsch!" abgehakt zu sein, und jede weitere Beschäftigung damit so unnötig wie ein Kropf.
Ganz grundsätzlich muß ich mal sagen, wenn ich an Debatten zwischen Atheisten und Gläubigen denke, so kann ich nur feststellen: Die Gläubigen haben sehr wenig bis keine Ahnung von dem, was die Atheisten für richtig halten und wie deren Weltbild aussieht, wohingegen die Atheisten sehr wohl wissen, woran die Gläubigen eigentlich glauben. Oft kennen sie Details derer Religion sogar besser als die Gläubigen selbst. Da darf man sich nicht wundern, wenn ich denjenigen mehr Glauben schenke, die beide Seiten kennen, als denen, die nur eine Seite überhaupt betrachten, und diese auch oft noch nur sehr oberflächlich.

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